Freitag 15 April 2016, 09:26

Eine ukrainische Legende

Insgesamt mehr als 50 Titel, davon 13 Meisterschaften innerhalb von 16 Jahren: Rekordchampion Dynamo Kyiv gehört zweifelsohne zu den erfolgreichsten Klubs Osteuropas. Ob Oleg Blokhin, Valery Lobanowski, Ihor Bjelanov, Andriy Shevchenko oder Serhiy Rebrov - die großen Stars der Ukraine haben sich das weiß-blaue Trikot übergestreift oder standen an der Seitenlinie. FIFA.com nimmt den Klub von der Dnepr genauer unter die Lupe, der in den letzten Jahren eine kleine Durstststrecke durchlebte.

**Schauen Sie sich das Video an und sehen Sie, wie sich der ukrainische Spitzenklub unter der Leitung eines berühmten Ex-Nationalspielers wieder im Aufschwung befindet!

Die Geburtsstunde einer InstitutionGegründet wurde Dynamo Kyiv im November 1927 von Sergei Barminski und Nikolai Channikov. Ein halbes Jahr später, am 17. Juni 1928, steht für Dynamo das erste Spiel in den Geschichtsbüchern: 2:2-Unentschieden hieß es gegen Odesa. Nur wenige Tage später kassierte das noch junge Team eine 2:6-Niederlage gegen Dynamo Moskau.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich Dynamo Kyiv zu einem immer stärkeren Team und gehörte 1936 zu den Gründungsmitgliedern der Liga in der ehemaligen UdSSR. Im Eröffnungsspiel mussten sich die Weiß-Blauen erneut gegen den Moskauer Traditionsklub deutlich geschlagen geben - 1:5 nach 90 Minuten. Es folgten vier Siege und nur eine Niederlage - ein durchaus gelungener Start.

Schon bald stellte Kyiv auch einen Großteil der Nationalmannschaft der UdSSR, teilweise bis zu neun Spielern.

Die Entstehung einer LegendeEs dauerte fast 20 weitere Jahre, bis Kyiv erstmals eine Trophäe in die Höhe recken durfte. 1954 war das Team im sowjetischen Pokal weder von Spartak Vilnus (4:2), Spartak Moskau (3:1) CDKA (heute: CSKA; 3:1 n.V.), Zenit Leningrad (1:0 n.V.) noch im Finale von Spartak Eriwan (2:1) aufzuhalten.

Ausdauer, Durchhaltevermögen, Selbstvertrauen und ein hohes Maß an Technik und Wendigkeit der Dynamo-Spieler, so charakterisierten die Experten den Fussball der Hauptstädter, der die Fussballwelt kurzzeitig aufhorchen ließ. Ende 1950er folgte ein Umbruch, als zahlreiche altgediente Spieler den Verein verließen und junge hungrige Talente nachrückten - mit Erfolg. Nach der Vize-Meisterschaft 1960 folgte nur ein Jahr später die Krönung. Erstmals überhaupt gelang es einem Team, das nicht aus Moskau kam, den Titel in der UdSSR-Liga zu gewinnen.

Doch wer nun von einer goldenen Ära ausgegangen war, wurde vorerst enttäuscht. Ein fünfter Platz (1962) und ein siebter Platz (1963) folgten. Erst mit dem neuen Trainer Viktor Maslov fanden die Weiß-Blauen wieder in die Erfolgsspur zurück. 1964 gelang der zweite Titelgewinn im Sowjetischen Pokal, ein Jahr später nahm Maslovs Mannschaft erstmals am UEFA Pokal der Pokalsieger teil und erreichte das Viertelfinale, wo sie gegen Schottlands Celtic Glasgow den Kürzeren zogen.

Der Einzug in die Runde der letzten Acht schien wie eine Initialzündung, denn 1966 holten Kyiv das Double aus Meisterschaft und Pokal, Andriy Biba wurde als Bester Spieler der UdSSR des Jahres ausgezeichnet und gleich fünf Dynamo-Spieler gewannen bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft in England die Bronzemedaille. Auch 1967 und 1968 war in der sowjetischen Meisterschaft kein Vorbeikommen am Team aus der Ukraine.

Der Aufstieg zu einem international bekannten Klub gelang Kyiv aber erst in der Ära Valery Lobanowski. 16 Jahre lang (1974 bis 1990) stand der "Held der Ukraine" am Ruder und führte den Rekordchampion zu mehr als 15 Titeln. Die größten Erfolge waren dabei sicherlich die Triumphe im Pokal der Pokalsieger (1975 und 1986) sowie der europäische Supercup (1975).

Die Gegenwart Nach dem Zerfall der Sowjetunion gehört Kyiv auch zu den Gründungsmitgliedern der neuen ukrainischen Wyschtscha Liha (1992/1993) und ließ mit neun Meisterschaften in Folge (1993 bis 2001) und fünf Pokalsiegen in diesem Zeitraum keinen Zweifel an seiner Vormachtstellung aufkommen.

Auch im Europapokal der Landesmeister bzw. der UEFA Champions League sorgten die erfolgsverwöhnten Ukrainer für das ein oder andere Ausrufezeichen. 1997/98 zogen die Weiß-Blauen im CL-Viertelfinale gegen Juventus Turin den Kürzeren, ein Jahr später war im Halbfinale gegen Bayern München Endstation.

Immerhin: Mit Shevchenko (1998/99) und Rebrov (1999/00) stellte Kyiv jeweils den Torschützenkönig der UEFA Champions League. Vater des Erfolgs war erneut der zurückgekehrte Lobanowski, der nach Stippvisiten in Kuwait und den Vereinigten Arabischen Emiraten noch einmal von 1997 bis 2002 das Zepter an der Dnepr schwang.

Nach 15 Jahren mit mindestens einem Titel beendeten die Weiß-Blauen 2008 erstmals eine Saison ohne Meisterschaft oder Pokalsieg. Die Durststrecke dauerte aber gerade einmal ein Jahr, ehe man 2009 die Meisterschaft holte und erst im UEFA-Pokal-Halbfinale an Ligakonkurrent Schachtjor Donezk scheiterte.

Doch vor allem die Bergarbeiter rüttelten in der Folgezeit kräftig am Thron der Weiß-Blauen und holten sich anschließend gleich fünfmal in Folge den nationalen Titel (2010-2014), ehe Kyiv wieder triumphieren konnte. Das Duell dieser beiden Top-Klubs dürfte auch in den kommenden Jahren die Fans in der Ukraine elektrisieren, denn hier begegnen sich zwei Vereine auf Augenhöhe, ähnlich wie in Spanien der FC Barcelona und Real Madrid oder in Deutschland der FC Bayern München und Borussia Dortmund.