Samstag 08 Oktober 2016, 11:20

Ein neues Panorama auf dem Parkett

Die FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 war eine wirklich bahnbrechende Auflage des Weltturniers in dieser Sportart. Zum ersten Mal sicherte sich Argentinien den Titel, das einzige von drei bei allen Turnierauflagen vertretenen Ländern, das noch nie den Sprung ins Finale geschafft hatte.

Brasilien und Spanien, die anderen beiden Teams, die bei jeder Auflage vertreten waren und vorher sämtliche Titel unter sich aufgeteilt hatten, ließen bereits aufhorchen, als sie sich vorzeitig aus dem Turnier verabschieden mussten. Bereits zu diesem Zeitpunkt schien Kolumbien 2016 eine Kehrtwende einzuleiten, unabhängig davon, wer am Ende Weltmeister werden würde.

Auch der Abschied des großen brasilianischen Stars Falcão sorgte für das Gefühl, dass im internationalen Futsal eine Ära zu Ende geht und warf gleichzeitig eine Frage auf: Gibt es eine neue "Weltordnung" auf dem Parkett?

"Bis jetzt waren das nur Worte, aber die Globalisierung und Professionalisierung hat an der Spitze für ausgeglichenere Verhältnisse gesorgt", meint Trainer Diego Giustozzi, der Hauptverantwortliche für den großen Sprung, den die Argentinier sowohl auf mannschaftlicher als auch auf individueller Ebene seit der letzten WM gemacht haben. Die großen Fortschritte des Teams spiegeln sich auch in den Auszeichnungen wider, die Nicolás Sarmiento (Goldener Handschuh von adidas) und Fernando Wilhelm (Goldener Ball von adidas) erhalten haben.

"Die wichtigen Partien gewinnt man nicht mehr, weil man ein bestimmtes Trikot trägt. Die Ergebnisse sprechen eine deutliche Sprache: Wenn man nicht gewissenhaft arbeitet, ist man draußen", fügt Giustozzi hinzu und betont, dass Argentinien mit diesem Erfolg nun "definitiv zur Weltelite des Futsal zählt".

Neue Teams auf dem Treppchen Russland konnte ebenso wie Argentinien das Etikett des Aspiranten ablegen. Das hat das Team spätestens mit dem Viertelfinalsieg gegen den einstigen Angstgegner Spanien gezeigt. Dieser Sieg sowie die Tatsache, dass die Russen bei der jüngsten Auflage der Europameisterschaft den zweiten Platz belegten, brachten dem Team im Finale die Favoritenrolle ein. Zum Titel sollte es allerdings wieder nicht reichen.

"Das war ein Riesenerfolg für den russischen Futsal. Nicht jeder kann von sich behaupten, Vizeweltmeister zu sein. Wir haben das Finale bestritten, und das ist fantastisch", versichert Teamkapitän Vladislav Shayakhmetov.

Das dritte Team auf dem Treppchen war Iran, ein weiterer Anwärter, dem es endlich gelang, all seine Stärken auszunutzen und mit dem Achtelfinalsieg gegen Brasilien den großen Durchbruch zu erzielen. "In meinem Land ist der Futsal ebenso beliebt wie der Fussball, doch es gibt keine entsprechenden Sportstätten. Wir wollen die Standards und das Niveau heben, und dieser dritte Platz wird eine große Hilfe sein", so der iranische Nationaltrainer Seyed Nazemalsharieh.

Die anderen TeamsAuch Portugal ließ aufhorchen, auch wenn der vierte Platz am Ende aufgrund der starken Einzelspieler enttäuschend gewesen sein mag. Doch noch bitterer war das Turnier für Spanien, das durch Verletzungen geschwächt war und seit der ersten Turnierauflage zum ersten Mal vor dem Halbfinale ausschied.

Debütant Aserbaidschan konnte hingegen mit dem Einzug ins Viertelfinale einen großen Erfolg verbuchen, der ausgiebig gefeiert wurde. Gleiches gilt für Paraguay und Ägypten, die die Herausforderung mit Bravour meisterten. Für Italien gab es hingegen einen klaren Rückschritt, nachdem das Team bei den letzten drei Auflagen immer auf dem Treppchen gestanden hatte.

Einen Fehltritt hatte vor allem auch der fünfmalige Weltmeister Brasilien zu verbuchen, der zum ersten Mal in der Geschichte nicht zu den vier Besten zählte, sowie Kolumbien, dem es vor heimischem Publikum nicht gelang, an den fantastischen vierten Platz in Thailand anzuknüpfen.

Die guten Auftritte von Thailand, Costa Rica und Außenseiter Vietnam brachten derweil frischen Wind ins Turnier.** **Ein Erbe und zahlreiche Stars Falcão verabschiedete sich mit einem hervorragenden Auftritt aus dem internationalen Futsal und wurde mit dem Bronzenen Schuh von adidas ausgezeichnet. Er hinterließ jedoch auch einen Erben, nämlich den Portugiesen Ricardinho, der den Goldenen Schuh von Adidas erhielt und zu den Spielern zählt, die auf dem Spielfeld und abseits davon hervorragende Botschafter dieser Sportart sind.

Unter den Spielern um die 30 wussten vor allem die Iraner Ahmad Esmaeilpour und Mahdi Javid, die Argentinier Cristian Borruto und Alan Brandi, der Spanier Lozano, der Ägypter Ahmed Moza, der in Aserbaidschan eingebürgerte Brasilianer Thiago Bolinha, der Paraguayer Juan Salas, der Thailänder Suphawut Thueanklang sowie der Brasilianer Batería zu überzeugen.

Unter den großen Routiniers boten der Argentinier Fernando Wilhelm, die in Russland eingebürgerten Brasilianer Eder Lima und Rómulo, der Italiener Humberto Honorio sowie der Iraner Mohammad Keshavarz herausragende Leistungen.

Und unter den jüngeren Spielern wussten der Argentinier Sarmiento sowie der Russe Iván Chishkala besonders zu beeindrucken.

Das Vermächtnis von Kolumbien 2016 Das Nachhaltigkeitsprogramm der FIFA Futsal-Weltmeisterschaft Kolumbien 2016 bestand aus vier Kursen: einem Sportmanagement-Seminar, einem Basis-Seminar, das in allen drei Spielorten aufgelegt wurde, einem Schiedsrichterkurs und einer weiteren hochklassigen Schulung für Trainer. An letzterer nahmen Trainer der Argos-Futsalliga Kolumbiens teil, sowie Trainer aus Ländern, die sich nicht für die Endrunde qualifiziert hatten.

Unter den FIFA-Instruktoren befanden sich unter anderem der Brasilianer PC de Oliveira, der mit seinem Land 2008 in Brasilien Weltmeister wurde, sowie der Argentinier Vicente De Luise, während der ersten beiden Wettbewerbsauflagen 1989 in den Niederlanden und 1992 in Hongkong Nationaltrainer der Albiceleste.

Die Abschlusstabelle:

  1. Argentinien

  2. Russland

  3. Iran

  4. Portugal

  5. Spanien

  6. Aserbaidschan

  7. Paraguay

  8. Ägypten

  9. Brasilien

  10. Italia

  11. Kasachstan

  12. Ukraine

  13. Kolumbien

  14. Thailand

  15. Costa Rica

  16. Vietnam

  17. Panama

  18. Australien

  19. Usbekistan

  20. Marokko

  21. Guatemala

  22. Kuba

  23. Mosambik

  24. Salomon-Inseln

Spielorte und Stadien Cali (Coliseo el Pueblo), Medellín (Coliseo Iván de Bedout), Bucaramanga (Coliseo Bicentenario)

Tore insgesamt: 352 (Durchschnitt pro Spiel: 6,77)

Zuschauer: 139.600 (Durchschnitt pro Spiel: 2.685)

Individuelle Auszeichnungen Goldener Ball von adidas: Fernando Wilhelm (Argentinien) Goldener Schuh von adidas: Ricardinho (Portugal) Goldener Handschuh von adidas: Nicolás Sarmiento (Argentinien) Fairplay-Auszeichnung der FIFA: Vietnam