Samstag 27 Juni 2020, 15:16

Der harte Weg an die Spitze

  • Nachwuchsspieler werden von Héctor Herrera und Hirving Lozano beraten

  • Herrera: "Man weiß nie, wann der große Tag kommt."

  • Die Mystik von Pachuca aufgedeckt

José Castillo steht kurz davor, einen Traum zu verwirklichen, den viele träumen, jedoch nur wenige in die Realität umsetzen können. Der 19-Jährige hat sich in den letzten neun Jahren ganz darauf konzentriert, eines Tages den Sprung ins Profiteam des mexikanischen Klubs CF Pachuca zu schaffen

Auf dem Weg dorthin hat er Opfer gebracht, Spaß gehabt, Tränen vergossen und zwischenzeitlich sogar darüber nachgedacht, sein großes Ziel aufzugeben. Doch dann wusste er in der U-20 der Tuzos auf der rechten Abwehrseite zu überzeugen und wurde in die Junioren-Nationalteams Mexikos berufen. Mittlerweile ist die große Chance seines Lebens in greifbare Nähe gerückt.

Knapp einen Monat vor Beginn der Apertura-Meisterschaft 2020 sprach FIFA.com im Exklusiv-Interview mit José Castillo und Funktionären des Klubs über seinen Werdegang. Außerdem gab es Ratschläge von zwei Stars, die ebenfalls aus der Nachwuchsabteilung von Pachuca hervorgegangen sind und den Traum bereits verwirklicht haben: Hirving Lozano und Héctor Herrera.

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Wichtige Unterstützung

Im Alter von zehn Jahren fing alles an. Marco Garcés, Sportdirektor von Pachuca, zu den Anfängen von Castillos Karriere: "Pachuca ist keine Stadt, die viele Spieler hervorbringt. Das zwingt uns dazu, Spieler in anderen Bundesstaaten Mexikos zu suchen. Wenn wir diese Spieler erst im Alter von 15 oder 18 Jahren suchen würden, dann würden sich América, Chivas und Tigres die besten sichern ...."

Doch für ein Kind, das einmal Fussballer werden möchte, ist es nicht leicht, sich in einem ganz neuen Umfeld einzuleben. Auf dem Weg zum Ziel muss fast jeder Spitzenfussballer viele Hindernisse überwinden.

"Das war schon hart. Ich habe meine Familie sehr vermisst, meine Eltern, meine Geschwister. Das Internat hat auch nicht geholfen, denn das war damals etwas spartanisch. Deshalb war es schwierig", erklärt Hirving El Chucky Lozano, aktuell Spieler des SSC Neapel und der mexikanischen Nationalmannschaft.

Castillo kam Jahre später zwar in den Genuss erstklassiger Einrichtungen, doch der Konkurrenzkampf ist noch immer hart: "Ich bin mit zehn Jahren angekommen, und du wirst praktisch Teil einer Pyramide. Von Jahr zu Jahr sind weniger Plätze zu vergeben. Du fängst mit 20 Teamkameraden an, und kurze Zeit später sind nur noch 5 davon übrig. Und den Sprung in die erste Mannschaft schafft dann vielleicht nur noch einer. Viele haben noch nicht einmal die Chance eines Probetrainings."

CF Pachuca in Zahlen

  • 16 Scouts und 300 Schulen in Mexiko

  • Pro Generation ein Team mit 22 Spielern

  • 65 Spieler in Nationalmannschaften aller Altersklassen

  • 100.000 Spieler pro Jahr werden analysiert

  • Davon bekommen 1.000 die Chance auf ein Probetraining beim Klub

"Als ich diese Initiative vor 25 Jahren gestartet habe, wussten wir, dass wir keine traditionelle Fussballmannschaft sein wollten, die sich nur auf den sportlichen und wirtschaftlichen Bereich konzentriert. Wir haben beschlossen, einen schwierigeren Weg einzuschlagen. Unsere Institution stützt sich auf fünf Grundpfeiler, von denen der wichtigste der soziale Aspekt ist (mehr als 80.000 Kinder trainieren an unseren Stützpunkten). Hinzu kommen der akademische und der kulturelle Faktor, mit denen wir uns ein großartiges Image aufgebaut haben, und natürlich der sportliche und wirtschaftliche Aspekt." Jesús Martínez (Vereinspräsident, CF Pachuca)

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Gemeinschaft

Die Nachwuchsspieler leben in einem Haus, gehen alle in dieselbe Schule und wachsen so zu einer Art Familie zusammen. Héctor Herrera, derzeit bei Atlético Madrid unter Vertrag, ist mittlerweile seit sieben Jahren nicht mehr bei Pachuca und in Europa aktiv. Trotzdem haben die Tuzos einen festen Platz in seinem Herzen.

Dort habe ich glückliche Momente erlebt, aber auch sehr schwere Zeiten. "Mit 21 wurde ich an Tampico ausgeliehen. Damals habe ich darüber nachgedacht, mit dem Fussballspielen aufzuhören und meine Zukunft anderswo zu suchen. Ich war verheiratet, meine Frau war schwanger und ich wusste nicht, welche Zukunft ich beim Klub hatte. Ich wusste nicht, was mit mir passieren würde, und sie zahlten mein Gehalt nicht. In dieser Situation hat Pachuca mich finanziell unterstützt, ich bin zurückkehrt und meine Karriere nahm ihren Lauf."

Auch José Castillo hat die dunkelste Etappe seines Lebens durchgemacht, als er bereits bei Pachuca war: "Mein Bruder wurde dreimal am Herzen operiert. Das war alles sehr schwierig, weil er auch bei Pachuca war und mich spielen gesehen hat, selbst aber nicht spielen konnte. Sein Leben war bei jeder Operation in Gefahr. Glücklicherweise hat er es geschafft."

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Tipps der Stars für den Nachwuchs

Héctor Herrera: "Lernt Englisch und macht Fitnesstraining. Macht euch mit dem europäischen Fussball und der dortigen Mentalität vertraut. Gebt niemals auf und arbeitet weiter an der Verwirklichung eures Traumes. Man weiß nie, wann der große Tag kommt. Gebt immer 100 Prozent, um vorbereitet zu sein und eure Chance nutzen zu können, wenn sie kommt. Für mich gab es schon oft schwierige Phasen im Fussball, in denen ich nicht so berücksichtigt worden bin, wie ich es gern gehabt hätte. Wenn ich dann die Chance bekomme, bin ich bereit zu zeigen, dass man sich auf mich verlassen kann."

Hirving Lozano: "Ihr solltet viel Wert auf Bildung, Sprachen und Training legen und auf alles, was der Club Pachuca euch zu bieten hat. Wenn man in ein anderes Land oder nach Europa wechselt, herrscht dort ein ganz anderer Rhythmus, eine andere Mentalität. Das ist schwierig, wenn man aus Mexiko kommt. Die Nachwuchsspieler sollten alles mitnehmen, was sie können, denn man gibt sich allzu leicht mit dem Erreichten zufrieden und nutzt seine Chancen nicht."

Ewige Liebe

Die drei Spieler verstehen sich prächtig, das ist nicht zu übersehen. Herrera scherzt mit Lozano und dieser ermutigt Castillo, in seine Fußstapfen zu treten. Castillo nimmt die Ratschläge seiner Idole mit einem breiten Lächeln entgegen. Einer lebt in Spanien, der andere in Italien und das vielversprechende Nachwuchstalent in Mexiko. Doch die Entfernungen werden bedeutungslos, da die Liebe zu ihrem Ausbildungsklub sie alle verbindet.

"Für mich ist das eine Familie. Sie haben mir hier gezeigt, dass wir wirklich eine Familie sind, zu der man immer zurückkehren möchte. Ich habe schon zig Mal mit dem Vereinspräsidenten Jesús Martínez darüber gesprochen, dass ich eines Tages zu Pachuca zurückkehren werde, wenn ich wieder nach Mexiko gehe", so Héctor Herrera.

Chucky Lozano kann dem nur zustimmen: "Ich war noch sehr jung, als ich meine Ausbildung dort begonnen habe. Der Klub ist mein Zuhause. Er hat mir alles gegeben. Dort findest du Freunde, Brüder. Ich habe dort sehr schöne Dinge erlebt, an die ich jetzt noch gerne zurückdenke", meint er abschließend.