Dienstag 01 September 2020, 10:56

Der argentinische Frauenfussball verfolgt sein Fünfjahresprojekt

  • Der argentinische Verband AFA stellte seine umfassende Strategie für 2021-2025 vor

  • Eckpunkte: Nachwuchskategorien, Lizenzen und Föderalisierung

  • Der Ausschussvorsitzende, eine Funktionärin und ein Trainer sprechen über das Thema

Der Frauenfussball in Argentinien ist im Aufwind. Nach einem beeindruckenden Auftritt bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019™ wurden die Grundlagen für eine Professionalisierung der ersten Liga geschaffen. Nun hat der argentinische Fussballverband (AFA) seine umfassende Strategie für 2021-2025 vorgestellt, einen ehrgeizigen Plan, bei dem die Vereine eine zentrale Rolle spielen.

"Es ist ein Projekt mit dem wir uns schon eine ganze Weile befassen und das im Einklang mit der Philosophie der FIFA steht, die Entwicklung des Sports auf nationaler Ebene zu fördern. Auch der Präsident der AFA misst dem Vorhaben große Bedeutung zu", erklärt Jorge Barrios, der Vorsitzende des Frauenfussball-Ausschusses, gegenüber FIFA.com.

Barrios versichert, dass die Präsentation des Projekts inmitten der COVID-Pandemie auch eine klare Botschaft vermittelt. "Wir müssen Maßnahmen ergreifen, damit die Vereine noch mehr in den Frauenfussball investieren und diesem die Bühne bieten, um ihn weiter wachsen zu lassen. Die Pandemie hat Einiges verzögert, aber wir haben immer im Auge behalten, wie wir das Projekt weiter fördern können."

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Die Strategie

2021

  • Die Vereine der ersten Liga - Primera A - müssen mindestens zwölf Profi-Verträge mit ihren Spielerinnen abgeschlossen haben.

  • Darüber hinaus müssen sie über ein U-19-Reserveteam verfügen.

  • Stärkung der Copa Federal. Deren Endphase muss dieselbe Anzahl von Teams wie die Qualifikationsphasen (Fase Preliminar Metropolitana und Fase Preliminar Regional) aufweisen.

  • Es wird ein Frauen-Supercup ins Leben gerufen, bei dem die Gewinnerinnen der Primera A und des Pokalwettbewerbs, der Copa Federal, in einer einzigen Partie den Sieger ermitteln.

2022

  • Die Vereine der ersten Liga müssen eine U-16-Mannschaft stellen.

  • Sie müssen darüber hinaus eine nationale Lizenz der AFA besitzen.

  • Die aufgestiegenen Vereine der Amateur-Ligen müssen ein U-19-Reserveteam aufweisen.

2023

  • Die Vereine der ersten Liga müssen mindestens 15 Profi-Verträge mit ihren Spielerinnen abgeschlossen haben.

  • Darüber hinaus muss jeder Verein ein U-14-Team stellen.

  • Die Vereine der Aufstiegsturniere müssen ein U-16-Team aufweisen.

  • Diese Vereine müssen nationale Lizenzen der AFA besitzen.

2025

  • Die Vereine der Aufstiegsturniere müssen ein U-14-Team stellen.

Für Barrios ist es von entscheidender Bedeutung, die Basis der Spielerinnen zu verbreitern, ohne die Ausgangssituation aus den Augen zu verlieren. "Wir können nicht von unten ansetzen, denn noch fehlen den Vereinen Mädchen, die Fussball spielen. Wir müssen das Ganze abgestuft von oben her angehen und den Vereinen Zeit geben, Spielerinnen aufzunehmen."

Hierbei ist das Thema der Lizenzen und der Föderalisierung, der bundesweiten Organisation, der Turniere von besonderer Bedeutung. "Der Pokalwettbewerb, die Copa Federal, war bereits für dieses Jahr vorgesehen, konnte jedoch nicht ausgetragen werden. Dahinter steht die Idee, dass den Vereinen aus dem Landesinneren mehr Mittel an die Hand gegeben werden, um Spielerinnen anzuziehen und ihnen gleichzeitig eine Bühne zu bieten, um sich zu präsentieren."

Barrios weiß, dass man vor großen Herausforderungen steht, zeigt sich jedoch zuversichtlich. "Wirtschaftlich haben im Augenblick alle Probleme, aber wir werden versuchen, dafür eine Lösung zu finden: Wir wollen den Vereinen eine Möglichkeit bieten, sich offiziell dem Frauenfussball zu widmen."

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Aus der Sicht der Funktionäre

Maira Villagra ist die für den Frauenfussball verantwortliche Sekretärin beim Verein Lanús, der bereits seit zwei Saisons der obersten Frauenliga angehört, aber vor allem wegen seiner langen Tradition im Männerfussball, seiner Nachwuchsarbeit und seines sozialen Engagements bekannt ist.

"In fussballerischer Hinsicht wird das Wachstum im Allgemeinen, auf professioneller Ebene und in Bezug auf die Wettbewerbfähigkeit gefördert", erklärt sie gegenüber FIFA.com. "Wir sind ein Kontinent, der den Fussball lebt und seine Talente exportiert und dass muss sich auch im Frauenfussball widerspiegeln."

Villagra erklärt, dass das Projekt "den Platz für alle öffnen soll" und verweist dabei besonders auf zwei Aspekte. "Heute gibt es 22 Teams in der zweiten Liga - Primera B - und 16 in der dritten - Primera C. Die Herausforderung besteht darin, diesen Vereinen einen Plan mit einer kurz-, mittel- und langfristigen Perspektive zu bieten, der es ihnen ermöglicht, in den Frauenfussball zu investieren und Nachwuchs auszubilden. Das gilt auch für die Ligen im Landesinneren. Dort gibt es viel Potential, das wir sichten müssen, und der Pokalwettbewerb - die Copa Federal - ist eine hervorragende Gelegenheit dafür."

"Begeistert bin ich auf vom Lizenzierungssystem. Dieses wird die Qualität der Wettbewerbe und des Managements verbessern und Investitionen in die Infrastruktur, Trainingsmittel und andere Bereiche verstärken. Die Fussballerinnen haben ein Anrecht darauf, unter geeigneten Bedingungen zu arbeiten", erklärt sie.

Villagra versichert, dass immer mehr Spielerinnen "das Spiel besser verstehen und stärkere Leistungen zeigen. Genau da müssen wir ansetzen. Sie werden davon profitieren, aber auch die Qualität der Wettbewerbe und der Auswahlmannschaften."

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Frischer Wind

Carlos Borrello, Trainer der Auswahl, stimmt dem zu. "Das ist eine beeindruckende Initiative, um die Ausbildung der Mädchen weiter zu verbessern. Es wird ein großer Schritt für uns sein, das Projekt in Gang zu setzen", bekräftigt der Coach, der für drei Teilnahmen Argentiniens bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft verantwortlich zeichnet, gegenüber FIFA.com.

"Wenn man dem Landesinneren mehr Aufmerksamkeit widmet, wird es Spielerinnen geben, die bei ihren Heimatvereinen bleiben können. Das wiederum wird die großen Vereine in Buenos Aires zwingen, mehr für ihren eigenen Nachwuchs zu tun. All dies wird dazu beitragen, das Niveau der Spielerinnen und der Wettbewerbe zu steigern. Außerdem werden wir mehr Talente erfassen können", fügt er hinzu.

Borrello weiß, dass es schwierig ist, vorherzusagen, wann die Strategie erste Früchte tragen wird, verweist jedoch auf einen weiteren wichtigen Faktor: "Dies wird viele aktuelle Spielerinnen ermutigen und fördern, weil sie mehr und bessere Perspektiven bekommen. Darauf setzen wird. Das könnte noch direktere Auswirkungen haben."

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Der nächste Schritt

Jenseits der konkreten Vorhaben des vorgestellten Plans stimmen Barrios, Villagra und Borrello darin überein, wie wichtig es ist, dass die Mädchen möglichst frühzeitig mit dem Fussballspielen beginnen.

"Ideal wäre es, eine Strategie von unten her zu entwickeln, wenn es Mädchen gibt, die in den Schulen Fussball spielen mit Fussballschulen, Vereinen in den Vierteln und Gemeinden, in denen Frauenfussball gespielt wird. Das braucht jedoch noch seine Zeit", erklärt Barrios.

Borrello bekräftigt, dass dieses Ziel schon seit Jahren verfolgt wird, dass es jedoch kein leichtes Vorhaben ist. "Es bedeutet einen kulturellen Wandel. Es hat jedoch den Anschein, dass der Kurs stimmt."

Villagra, die großen Wert auch auf das Thema der Ausbildungsmöglichkeiten legt, geht noch weiter. "Man muss den Mädchen und den jungen Spielerinnen die Chance geben, etwas kennenzulernen, das ihnen vielleicht eines Tages eine berufliche Chance bieten kann. Wir brauchen auch entsprechende landesweite Gesetze, die diese Revolution im weiblichen Fussball begleiten."