Dienstag 11 August 2020, 11:35

Bergkamps Brillanz überstrahlt Frankreich 1998

  • Wunderschöne Tore waren eine der großen Spezialitäten von Dennis Bergkamp

  • In dieser vierten Folge der YouTube-Serie "The Very Best" befasst sich die FIFA mit den Heldentaten des Holländers in Frankreich 1998

  • Lehnen Sie sich zurück, entspannen Sie sich und genießen Sie den herrlichen Anblick eines wahren Meisters bei der Arbeit!

Einen Förderer in jungen Fussballer-Jahren zu haben, ist eine gute Sache. Noch besser ist es, wenn jener selbst ein großartiger Ballkünstler war und dessen Wort einem Donnerhall gleichkommt.

So ist es für den niederländischen Weltstar Dennis Bergkamp gekommen. Sein Förderer: Kein Geringerer als Johan Cruyff – Legende der Elftal. Die Wege kreuzten sich erstmals bei Ajax Amsterdam im Jahre 1986, als Trainer *König Johan *entgegen aller Bedenken dem jungen Bergkamp sein uneingeschränktes Vertrauen schenkte.

"Er wird seinen Weg machen, verlasst euch drauf", wischte Cruyff jede Kritik vom Tisch, als er den damals 17-jährigen Bergkamp in den Profikader des niederländischen Rekordmeisters aufnahm. Dabei waren die Zweifel nicht unangebracht. Im berühmten Fussballinternat von Ajax unterschied sich der schmächtige Dennis, der vom seinem Vater in Erinnerung an den legendären schottischen Superstar Dennis Law von dessen Lieblingsklub Manchester United so benannt wurde, kaum von seinen Altersgenossen.

Real Madrid kam zu früh

Doch Cruyff schien etwas Besonderes entdeckt zu haben – und er sollte Recht behalten. Im Europapokalfinale der Pokalsieger 1987 schenkte er ihm als Einwechselspieler das Vertrauen und schickte den 18-Jährigen in der zweiten Hälfte gegen Lok Leipzig (1:0) aufs Feld. Zwei Spielzeiten später sah sich König Johan endgültig bestätigt.

Die Sportjournalisten der Niederlande kürten ihn zum Nachwuchsspieler des Jahres. Das deutsche Sportmagazin kicker taufte ihn aufgrund seiner Tore "Killer mit dem Milchgesicht". 1991 wurde er zum Torschützenkönig der Eredivisie (25 Treffer) – gemeinsam mit Brasiliens Superstar Romario. Der Aufstieg war kaum noch zu stoppen. Zu dieser Zeit bot ihm Real Madrid einen Vertrag an, den er allerdings ablehnte: "Ich bin noch nicht soweit, allein in einer fremden Stadt zu leben", so der damalige 21-Jährige.

Nach zwei weiteren Jahren als Top-Torjäger in seiner Heimat, dem Gewinn des UEFA-Pokals sowie zwei Auszeichnungen als Fussballer des Jahres in den Niederlanden konnte er sich vor Angeboten kaum noch retten. Real Madrid, FC Barcelona, Juventus Turin, AC Mailand – der blonde Dirigent wurde Europas begehrtester Spieler, und diesmal fühlte er sich bereit. Den Zuschlag bekam 1993 Inter Mailand, wo Bergkamp mit Ajax-Kollege Wim Jonk eine neue Ära einläuten sollte. Doch der Mittelfeldregisseur wurde bei den Nerazzurri nicht glücklich und wechselte 1995 nach London zum FC Arsenal.

The non-flying Dutchman

Dort fand Bergkamp sein endgültiges Glück und stieg zur absoluten Legende auf. Elf Jahre spielte er für die Gunners und erzielte in 423 Spielen 120 Tore für die Londoner. Neun Titel feierte er in dieser Zeit mit Arsenal. "Jeder weiß, dass ich Arsenal liebe. Ich hatte dort eine großartige Zeit", sagte Bergkamp im Februar 2014, als ihm zu Ehren eine Statue vor dem Emirates-Stadion in London, der Heimat der Kanoniere, enthüllt wurde. "Ich fühle mich geehrt, und dieser Tag macht mich unheimlich stolz."

Bekannt für seine überdurchschnittlich ausgeprägten technischen Fertigkeiten, agierte er zunächst als Flügelspieler im Mittelfeld, später als Mittelstürmer und zuletzt häufig als zurückhängende Spitze.

Ebenso spektakulär, wenn auch titellos, war seine Zeit in der Nationalmannschaft. Sein Debüt nach der WM 1990 gegen Italien (0:1) war der Beginn einer großartigen Zeit im Oranje-Trikot mit zwei WM- und drei EM-Teilnahmen. In 79 Länderspielen schoss er 37 Tore, womit er während seiner aktiven Laufbahn Faas Wilkes als Rekordtorschützen ablöste - später wurde er selbst von Patrick Kluivert übertroffen. "Spielt Bergkamp gut, spielt auch Hollands Nationalelf gut. Spielt Bergkamp besser, spielt auch Hollands Nationalelf besser", schrieb einst die *Süddeutsche Zeitung *über ihn – und das in Zeiten, in denen Akteure wie Marco van Basten, Ruud Gullit oder Frank Rijkaard an seiner Seite spielten.

Kurios: Anfang 1997 bat Bergkamp Bondscoach Guus Hiddink, auf seine Dienste in den WM-Qualifikationsspielen in der Türkei und in San Marino zu verzichten. Hiddink akzeptierte. Der Grund: Bergkamp hatte extreme Flugangst. Zu Auswärtsreisen des FC Arsenal reiste Bergkamp mit dem eigenen Auto, mit der Bahn oder mit dem Bus an. Dieser Umstand brachte ihm auch den Spitznamen The non-flying Dutchman (Der nichtfliegende Holländer) ein.

Ein Traumtor gegen Argentinien

Unvergessen ist sein Siegtreffer im WM-Viertelfinale 1998 gegen Argentinien (2:1), das zweifelsohne eines der schönsten Tore der WM-Geschichte ist und auch von Bergkamp selbst als der beste Treffer in seiner Laufbahn angesehen: In der 90. Minute pflückte er einen langen Pass von Frank de Boer aus der eigenen Hälfte im gegnerischen Strafraum technisch perfekt herunter, spitzelte dabei das runde Leder durch die Beine seines Gegenspielers Roberto Ayala und schlenzte anschließend den Ball aus spitzem Winkel mit dem rechten Außenrist an Schlussmann Carlos Roa hoch ins linke Eck. "Eigentlich hat Dennis gar kein großes Spiel gemacht, aber wir wissen, dass wir von ihm immer etwas erwarten könne", sagte Vorlagengeber de Boer anschließend ehrlich und voller Respekt.

Nach dem enttäuschenden Halbfinal-Aus bei der UEFA EURO 2000 im eigenen Land erklärte Bergkamp mit 31 Jahren seinen Rücktritt aus der Nationalmannschaft, um sich auf seine Vereinskarriere in England zu konzentrieren, die er 2006 in London beendete.

Der beste Partner überhaupt

Über 30 Titel bzw. persönliche Auszeichnungen hat Bergkamp in seiner langen Laufbahn gewonnen und dabei nicht nur auf dem grünen Rasen, sondern auch abseits davon mit seiner sympathischen und zurückhaltenden Art gepunktet. Als bislang einziger Niederländer ist er in die englische _Football Hall of Fam_e aufgenommen und gilt zweifelsohne als einer der besten Fussballer der 1990er Jahre weltweit.

"Bergkamp war der beste Mitspieler, den ich je hatte", adelte einst Thierry Henry, FIFA-Weltmeister 1998, seinen früheren Teamkollegen. Und das obwohl der Franzose mit Legenden wie Alessandro Del Piero oder Zinedine Zidane zusammegepielt hatte.

Und so hat Bergkamp auch ohne Titel mit der Nationalmannschaft als einer der größten Fussballer der Elftal einen Platz in den Geschichtsbüchern des Landes sicher.