Donnerstag 05 November 2020, 11:55

Bahader: "Leicht ist nichts, aber unmöglich ist eben auch nichts"

  • Ezzeldin Bahader ist der älteste Fussballer, der je ein Pflichtspiel bestritt

  • Mit 74 Jahren und 125 Tagen stellte er einen Guinness-Weltrekord auf

  • Der frühere Bauingenieur hat sechs Enkel

"Leicht ist nichts, aber unmöglich ist eben auch nichts", so der Ägypter Ezzeldin Bahader zu seinem Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde: Am 6. März spielte er in einem Pflichtspiel in der dritten ägyptischen Liga und wurde damit zum ältesten Fussballer, der je in einem offiziellen Spiel zum Einsatz kam.

Am vergangenen Dienstag wurde der Großvater von sechs Enkelkindern 75 Jahre alt. Im März holte er sich den Rekord, der lange Bestand haben dürfte, als er für den "Klub 6. Oktober" gegen Genius spielte und sogar ein Tor erzielte und damit einen Traum wahr machte.

FIFA.com sprach mit Bahader über diese Erfahrung, seinen Traum und seine Ambitionen für die Zukunft.

Sie haben kürzlich ein Kapitel Fussballgeschichte geschrieben, denn Sie sind jetzt der älteste Profifussballer. Woher kam diese Idee und wer hat Sie ermutigt, sie umzusetzen?

Ich wollte eigentlich immer für einen großen Klub spielen, doch das blieb leider ein Traum. Also habe ich mir ein anderes Ziel gesetzt, als ich erfuhr, dass der älteste Spieler, der je als Profi im Einsatz war, der 53-jährige Stürmer Kazuyoshi Miura aus Japan war. Angesichts des großen Altersunterschiedes zwischen ihm und mir habe ich mir dieses Ziel gesetzt. Am Anfang habe ich niemand von meinem Ziel erzählt und versucht, mich selbst zu motivieren. Aber als meine Familie es erfuhr, haben sie alle mich sehr unterstützt.

Welchen Einfluss hatte die Coronavirus-Pandemie auf Ihren Plan und wie haben Sie sich in den vergangenen sechs Monaten vorbereitet?

Die Pandemie hatte einen sehr großen Einfluss, denn die Liga wurde nur zwei Tage vor dem zweiten Spiel, das ich bestreiten wollte, auf Eis gelegt. Das war ein Schock für mich, doch während der Zwangspause habe ich viel mit meinem Sohn trainiert und viele Trainingsübungen online angeschaut, um sie zu Hause ausführen zu können. Diese Zeit hat meine Spielvorbereitung durchaus beeinträchtigt, denn natürlich ist zu Hause trainieren nicht das Gleiche wie mit dem Klub.

Was haben Ihre Teamkameraden bei 6. Oktober gesagt, als sie zum ersten Mal mit ihnen trainiert haben?

Sie haben mich mit viel Wärme empfangen. Wir haben viel geredet und viel gelacht. Dann sagten sie mir, dass sie einen alten Mann erwartet hatten, der sie wie Kinder behandeln würde! Schnell musste ich zeigen, was ich drauf habe und sollte ein paar Mal aufs Tor schießen. Die Schüsse sind mir ganz gut gelungen und alle waren am Ende zufrieden.

Ihr erstes Spiel bestritten Sie im März gegen Genius. Wie lief es in Ihrem ersten Pflichtspiel?

Ich war sehr, sehr nervös und außerdem waren mein Knie und meine Oberschenkelmuskulatur angeschwollen. Aber meine Teamkameraden haben mich sehr motiviert. Sofort nach dem Anpfiff war ich von der Atmosphäre angesteckt und die Nervosität fiel von mir ab. Ich habe in dieser Partie nicht nur gespielt, sondern sogar ein Tor erzielt, vom Elfmeterpunkt. Damit bin ich nun auch der älteste Torschütze.

Hatten Sie diesen Rekord auch im Sinn?

Natürlich hatte ich gehofft, ein Tor zu schießen, aber das war nicht leicht. Wir spielten gegen ein starkes Team, das versuchte, dem drohenden Abstieg zu entgehen. In der Schlussphase bekamen wir dann einen Elfmeter und ich habe ihn verwandelt.

Am 17. Oktober haben Sie dann ein ganzes Spiel durchgespielt, gegen den Drittligisten El Ayat. Damit sind Sie offiziell der älteste Spieler, der zwei Spiele bestritten hat. Was haben Sie vor und während diesem Spiel empfunden?

Es war nicht leicht, denn ich hatte zwei Wochen vor dem Spiel eine Mittelohrenzündung bekommen. Ich hatte Gleichgewichtsprobleme, die sich auf meine Bewegungen auswirkten. Daher konnte ich die Trainingseinheiten nicht abschließen und befürchtete, das Spiel zu verpassen. Auch während des Spiels war mir ein bisschen schwindelig. Und dann trugen beide Teams auch noch recht ähnliche Trikots, das machte die Sache noch schwerer. Doch meine Teamkameraden und der Betreuerstab haben darauf bestanden, dass ich die ganze Partie durchspielte. Mir ist das zweite Tor für mein Team gelungen, nach einer Standardsituation, die wir trainiert hatten.

Wie sind die Spieler von El Ayat mit Ihnen umgegangen? Schließlich waren Sie sehr viel älter. Gab es da Probleme?

Die Spieler von El Ayat waren vor dem Spiel überrascht und wirkten etwas gehemmt, aber beim Handschlag ist das Eis dann gebrochen. Wir haben vor dem Spiel sogar Bilder zusammen gemacht. Ich habe sie allerdings gebeten, mich nicht unbedingt abzugrätschen, damit ich mich nicht verletze.

Denken Sie, dass Sie mit Ihrem Rekord andere Spieler motivieren, länger zu spielen?

Sicher wird das eine Motivation für einige Spieler sein. Viele hören ja schon sehr früh auf. Ich schlage vor, ein Turnier für Spieler über 40 Jahren zu organisieren. Das würde vielen Spielern, die wir oft gesehen haben, eine Möglichkeit geben, Ihre Fitness zu halten und ihr Können weiterhin zu zeigen. Es würde für Kontinuität sorgen und beweisen, dass das Alter oft nicht mehr als eine Zahl ist.

Der älteste Spieler, der je bei einer FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ gespielt hat, ist Ägyptens Torhüter Essam El Hadary. Ist es denkbar, dass wir eines Tages Ezzeldin Bahader im Einsatz für die ägyptische Nationalmannschaft sehen?

Das wäre aber sehr unwahrscheinlich (lacht). Ich werde weiterhin ernsthaft trainieren und meine Fitness und mein Können steigern. Sollte sich die Gelegenheit bieten, würde ich sie natürlich nutzen.

Schwerer als an die Spitze zu gelangen ist nur, sich dort zu halten. Wie sehen ihre persönlichen Ziele aus?

Ich glaube, dass ich etwas erreicht habe, was jeder mit Willenskraft und Entschlossenheit erreichen kann. Es ist schwierig, ein gutes Niveau und eine gute Fitness aufrechtzuerhalten, besonders in diesem Alter, aber überhaupt erst einmal fit zu werden, war schon schwierig genug. Ich werde versuchen, weiter zu spielen und zu trainieren, denn ich spiele sehr gerne Fussball, und niemand weiß, was die Zukunft bringt.