Donnerstag 24 Juni 2021, 13:19

Maxi Rodríguez: "Ein Tor, das meine Karriere geprägt hat"

• Heute vor 15 Jahren erzielte er bei der WM in Deutschland das Tor gegen Mexiko • Der Treffer katapultierte Argentinien ins Viertelfinale und wurde zum schönsten Tor des Turniers gewählt • FIFA.com spricht mit Rodríguez über diesen und einen weiteren Meilenstein mit der Albiceleste Wenn von den am meisten bejubelten WM-Toren Argentiniens dieses Jahrhunderts die Rede ist, erinnern sich argentinische Fans auch immer wieder gern an den Treffer von Maximiliano Rodríguez im Achtelfinale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006™ gegen Mexiko. Beim Spielstand von 1:1 erzielte Rodríguez in der ersten Hälfte der Verlängerung mit einem fulminanten Linksschuss ein Tor, das José Pekermans Argentinier ins Viertelfinale katapultierte und darüber hinaus zum schönsten Tor des Turniers gewählt wurde. Diese Auszeichnung wurde bei der Auflage von 2006 zum ersten Mal vergeben. "Dieses Tor hat mich persönlich nicht verändert, aber es hat meine Karriere geprägt. Ich werde überall darauf angesprochen!", meint ein lächelnder Rodríguez im Gespräch mit FIFA.com. "Alle träumen davon, ein Siegtor zu schießen, das Argentinien in die nächste Runde bringt. Es war ein tolles Gefühl, das zu schaffen."

Über die zwei Sekunden hinaus, die der Ball brauchte, um von Maxis Brust abzutropfen und den Weg ins mexikanische Tor zu finden, gibt es weitere Details, an die er am 24. Juni, dem 15. Jahrestag seines Treffers, gerne zurückdenkt. Da geht es um Entscheidungen, die in Sekundenbruchteilen getroffen werden. "Ich erinnere mich noch an den Spielzug, als wäre es heute gewesen", so der 40-Jährige, der bei der WM 2006 drei seiner insgesamt 15 Tore für die Albiceleste erzielte. "Sorín kam auf der linken Seite an den Ball, ich startete auf der rechten Seite und forderte lautstark den Ball. Juampi [Sorín] wollte eigentlich gar nicht auf die andere Seite verlagern, aber nach meinen Rufen hat er es dann doch getan ... Und das Zuspiel war perfekt!" "Ich sah den Ball kommen und habe beschlossen, ihn mit der Brust anzunehmen und auf meinen starken rechten Fuß zu legen. Aber dann fiel mir auf, dass dort ein Verteidiger war. Also habe ich ihn abtropfen lassen und mit links geschossen. Direkt nach dem Schuss wurde mir bewusst, dass ich ihn richtig gut getroffen hatte. Ich verfolgte die Flugbahn des Balls, und als er hinter dem Torhüter im Netz einschlug, bin ich durchgedreht", erinnert er sich an diesen emotionalen Augenblick. Der ehemalige mexikanische Torwart Oswaldo sagt, wenn ihm nicht die Sicht verstellt gewesen wäre, hätte einen Schritt zurück gemacht und den Ball gehalten. Gonzalo Pineda, der Außenverteidiger, der Maxis Absicht durchschaute, rechnete nicht damit, dass dieser mit links schießen würde. Und Ricardo La Volpe, der damalige mexikanische Nationaltrainer, gibt noch immer Pineda die Schuld, weil dieser nicht herausgelaufen ist und versucht hat, einen 30-Meter-Pass zu unterbinden. "Ich habe eine gute Beziehung zu Sánchez und er hat immer gesagt: 'Du Schuft, ich dachte eigentlich, dein linker Fuß sei nur dazu da, um ins Auto einzusteigen!' Ich glaube nicht, dass irgendjemand Schuld war. Ich hatte noch nie zuvor ein solches Tor mit links geschossen. Das sind einfach Ausnahmetore. Bis dahin war das Spiel sehr ausgeglichen gewesen", erklärt Rodríguez und nimmt damit seine mexikanischen Kollegen in Schutz. Argentinien schied im Viertelfinale nach Elfmeterschießen gegen Deutschland aus, wobei Rodríguez seinen Elfer verwandeln konnte. "Wir hatten eine super Mannschaft, die sehr komplett war, und gegen die Deutschen hätten wir gewinnen müssen. Aber manchmal reicht es eben nicht, gut zu spielen. Du brauchst auch noch ein Quäntchen Glück, und das hat uns im Elfmeterschießen gefehlt." Doch auch dieses Ergebnis konnte das positive Echo auf das schönste Tor der WM 2006 nicht überschatten. "Ich habe damals für Atlético Madrid gespielt, und wir hatten mit Javier Aguirre einen mexikanischen Trainer. Er hat mich verrückt gemacht! Dann sind wir auch noch zur Saisonvorbereitung nach Mexiko geflogen, aber ich wurde überall gut behandelt. Das ist ein wunderbares Land." Viele Jahre lang bewahrte Rodríguez als Erinnerung an diesen Tag nur den Fussballschuh und das Trikot auf, doch 2016 kam dann ein weiteres großartiges Souvenir hinzu, nämlich der Spielball, den er damals im Tor versenkte. Er war ein Geschenk von Oscar Ustari, dem dritten Torwart des argentinischen Nationalteams. "Er hat ihn sich direkt nach dem Abpfiff geschnappt und mir von Anfang an gesagt, dass er ihn hat. Er hat mir sogar Fotos davon geschickt. Wir sind sehr gut befreundet. Eines Tages kam er an meinem Geburtstag auf mich zu und sagte: 'Den solltest du haben'. Das war eine wunderbare Geste!"

Maxi Rodriguez vs Mexico DE 1

Der entscheidende Elfmeter im Halbfinale von Brasilien 2014

Rodríguez war auch bei den Weltmeisterschaften 2010 in Südafrika, mit Diego Maradona als Trainer, und 2014 in Brasilien, mit Alejandro Sabella, dabei. Dort hatte das Schicksal für ihn im Halbfinale gegen die Niederlande eine weitere Sternstunde vorgesehen. Er verwandelte nämlich nach 120 torlosen Minuten den entscheidenden Elfmeter, der den Einzug ins Finale besiegelte. "Wissen Sie, wann mir durch den Kopf ging, dass das ein schicksalhafter Moment werden würde? Als ich von der Spielfeldmitte in Richtung Strafraum ging. Das war schwieriger als der Elfmeter selbst, denn bei dem Tor gegen Mexiko hatte ich gar keine Zeit gehabt, über die Folgen nachzudenken. Ich habe einfach nur geschossen. In diesem Fall habe ich darüber nachgedacht, was passieren würde, wenn ich treffe, aber auch, was wäre, wenn ich verschieße. Das war die schwierigste Entscheidung, die ich im Fussball erlebt habe."

Als der Ball dann im Netz zappelte, war er "zuerst erleichtert, und dann stellte sich eine riesige Freude ein, weil dieser Augenblick so viel bedeutete". Beim Finale gegen Deutschland kam Rodríguez nicht zum Einsatz, doch die Niederlage war für ihn ebenso schmerzhaft wie für seine Teamkameraden. "Diesmal hat es im Abschluss gemangelt, denn dem Glück musst du auf die Sprünge helfen. Ich habe mir das Spiel später nie wieder angeschaut. Das war einer der härtesten Rückschläge in meiner Karriere."

Rodríguez wurde danach zwar noch das eine oder andere Mal nominiert, aber nicht mehr aufgeboten und gab 2016 offiziell seinen Rückzug aus der Nationalmannschaft bekannt. Bis dahin hatte er 54 Länderspiele bestritten. Der Schritt vom Fussballer zum Fan ist ihm nach eigenen Angaben nicht leicht gefallen. "Du bist so lange Fan der Nationalmannschaft, bis du selbst auf dem Platz stehst. Anfangs ist es mir schwer gefallen, mir die Spiele im Fernsehen anzuschauen. Schließlich war ich viele Jahre lang dabei gewesen und hätte auch gern weitergemacht, aber jeder Kreis schließt sich irgendwann. Heute leide ich mit und feuere an wie jeder andere auch." Inzwischen steht sein Karriereende bei seinem Lieblingsklub und derzeitigen Arbeitgeber Newell's Old Boys kurz bevor und er sieht seine Zeit in der Nationalmannschaft positiv. "Es ist wirklich schwer, den Sprung zu schaffen und sich dann im Team zu halten. Ich habe eine U-20-WM gewonnen und bei drei A-Weltmeisterschaften auf dem Platz gestanden. Genau wie meine Tore sind das Dinge, die mich in Argentinien, aber auch weltweit geprägt haben. Solche Dinge bleiben unvergessen."