Freitag 03 Juni 2022, 08:00

Arnold: Australien wird die Aufgabe in Doha erledigen

  • Am Dienstag trifft Australien im WM-Playoff auf die Vereinigten Arabischen Emirate

  • Der Sieger dieses Duells spielt dann gegen Peru um einen Platz bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™

  • Socceroos-Trainer Graham Arnold sprach vor den beiden Spielen in Doha mit FIFA+

Graham Arnold weiß so ziemlich alles über Erfolg und Misserfolg in WM-Playoffs. Als Spieler scheiterte der heutige australische Trainer dreimal an dieser letzten Hürde. "Ich hatte das Privileg, wenn man das so nennen kann, jedes Mal den Kürzeren zu ziehen", sagt er gegenüber FIFA+. "Schottland hat uns geschlagen, kurz nachdem ich 1985 ins Nationalteam gekommen war. Dann war ich im Team, als wir 1993 gegen Argentinien mit Diego Maradona verloren, und auch vier Jahre später gegen IR Iran. Gegen Argentinien verloren wir nur denkbar knapp mit 0:1. Gegen IR Iran lagen wir 15 Minuten vor Schluss mit 2:0 vorn, haben dann noch zwei Gegentore zum 2:2 kassiert und aufgrund der Auswärtstorregel verloren. Ja, das war schmerzhaft, kaum zu ertragen. Die Erinnerungen daran werden den beteiligten Spielern für immer im Gedächtnis bleiben."

Graham Arnold nach dem Spiel Australiens gegen IR Iran im Jahr 1997

Doch Arnold hat, wie er selbst sagt, auch "die andere Seite" dessen gesehen, was diese Playoffs bringen können. Schließlich war er am 16. November 2005 – damals noch als Assistenztrainer von Guus Hiddink – dabei, als sich Australien im fünften Anlauf in dieser entscheidenden Phase der Qualifikation durchsetzte. Durch den unvergesslichen Sieg im Elfmeterschießen gegen Uruguay konnten die Socceroos den Bann brechen und nahmen erstmals nach 32 Jahren wieder an einer WM-Endrunde teil. Seitdem haben sie keine Endrunde mehr verpasst. Die Träume der Socceroos von der fünften WM-Teilnahme in Folge stehen jedoch auf wackligen Beinen und können nur mit Siegen in beiden Playoff-Duellen – am Dienstag gegen die Vereinigten Arabischen Emirate und am kommenden Montag gegen Peru – wahr werden.

"Es ist die große Chance für unsere Jungs, ganz andere Erinnerungen zu schaffen als die, die ich als Spieler hatte", sagt er. "Natürlich ist ihnen allen klar, was auf dem Spiel steht. Sie wissen, dass es dieses Mal nicht heißt: 'Wenn wir dieses Spiel verlieren, haben wir immer noch eine Chance, wenn wir das nächste Spiel gewinnen'. Wir müssen beide Spiele gewinnen – so einfach ist das. Gelingt uns das nicht, sind wir bei der WM nicht dabei. Somit ist dies eine ganz andere Herausforderung. Bisher war es üblich, in den Playoffs ein Auswärts- und ein Heimspiel zu haben. Jetzt aber gibt es jeweils nur ein Spiel. Doch die Spieler scheinen eine gute, positive Einstellung zu haben, und ich glaube, dass wir die Aufgabe in Doha erledigen werden."

Australien feiert ein Tor während der WM-Qualifikation

Herausforderungen durch COVID und Playoff-Rivalen

Der australische Nationaltrainer weiß, dass es eine schwierige Gratwanderung ist, die richtige Einstellung vor dem Spiel zu finden, denn es geht um viel und entsprechend hoch ist der Druck, der auf Arnold und seinen Spieler lastet. "Man kann den Druck auf die Spieler definitiv zu sehr erhöhen", sagt er, "und die Erwartungen sind bereits sehr hoch. Die Menschen in Australien haben eigentlich die direkte Qualifikation erwartet. Aber wenn man bedenkt, dass wir nicht viele unserer Qualifikationsspiele in Australien bestreiten konnten – schließlich haben wir 14 der 18 Spiele auswärts bestritten –, dann glaube ich wirklich, dass es schon eine Leistung ist, überhaupt noch im Rennen zu sein und eine Chance auf die Qualifikation zu haben."

Zwar ist keine Nationalmannschaft von COVID und den damit verbundenen Einschränkungen verschont geblieben, doch Arnold hebt Australien zurecht als einen Sonderfall hervor. Nur wenige Mannschaften kommen aus so vielen verschiedenen Ecken der Welt – 15 verschiedene Nationen und vier Kontinente sind aktuell im Kader der Socceroos vertreten – und nur wenige Länder haben strengere Pandemie-Grenzkontrollen durchgeführt.

"Es war sehr schwierig", gibt Arnold zu. "Ich habe jetzt zum ersten Mal seit der Zeit vor COVID die beste Gruppe von Spielern, die ich auswählen konnte, und alle unsere Mitarbeiter hier und verfügbar. Es ist auch das erste Mal in diesem Jahr, dass ich gleich am ersten Tag ins Trainingslager konnte, denn bei den beiden vorherigen Trainingslagern wurde ich positiv auf COVID getestet und konnte daher erst am siebten Tag zur Gruppe stoßen. Ich lege sehr viel Wert auf persönliche Treffen mit Spielern und Mitarbeitern, das ist mir wirklich wichtig. Seit das wieder möglich ist, fühle ich mich gleich viel besser."

Graham Arnold, Australiens Nationaltrainer

Konzentration auf das Positive

Arnolds Zuversicht beruht nicht auf dem Irrglauben, er verfüge über eine klassische, mit Stars gespickte Socceroos-Mannschaft. Stars von früher wie Tim Cahill und Harry Kewell wurden zwar durch weniger bekannte Nachfolger ersetzt, doch die Erfahrungen ihres Trainers beim Olympischen Fußballturnier der Männer in Tokio 2020 stimmen ihn in Bezug auf ihr Potenzial positiv. "Ich glaube an meine Spieler", betont er. "Ich weiß, dass wir im Moment niemanden haben, der ständig in den größten Ligen der Welt mitspielt, aber wir haben trotzdem viele Talente im Team. Ich habe die Olympia-Auswahl aus einem bestimmten Grund übernommen, nämlich um diese Talente zu fördern und diese Spieler weiterzubringen. Zehn Spieler aus diesem Kader sind ins Ausland gegangen und haben bereits gute Erfolge erzielt. Das ist fantastisch. Und es ist zweifellos ein gutes Zeichen für die Zukunft unseres Teams."

Klar ist, dass sich Arnolds voll und ganz auf diese Zukunft konzentriert. Obwohl er über 50 Länderspiele absolvierte und schon bei zwei Weltmeisterschaften auf der Trainerbank saß, hat der Socceroos-Trainer keine Zeit für Nostalgie. "Ich bin seit 40 Jahren im australischen Fußball tätig. Und glauben Sie mir, ich habe sehr viele schöne Erinnerungen an diese Zeit und an diese Weltmeisterschaften. Das Beste aber", schloss er mit einem Lächeln, "wird sein, wenn wir uns für die jetzt kommende WM qualifizieren."