Montag 29 April 2019, 07:41

Krstajic: "Ich habe in Deutschland enorm viel gelernt"

  • FIFA.com sprach mit Serbiens Nationaltrainer Mladen Krstajic

  • Serbien hat unter Krstajic seit Russland 2018 bemerkenswerte Erfolge gefeiert

  • Der Trainer sprach über seine Hoffnungen für die UEFA EURO, den formstarken Dusan Tadic und weitere Themen

Nach 59 Einsätzen für sein Land wurde Mladen Krstajic im Oktober 2017 zum Nachfolger von Slavoljub Muslin als Nationaltrainer der serbischen Auswahlmannschaft. Seine erste Aufgabe in der neuen Funktion war die Betreuung des Teams bei der FIFA Fussball-WM Russland 2018™, bei der Serbien in seiner Gruppe hinter Brasilien und der Schweiz landete.

Doch danach brachen erfolgreichere Zeiten an. Serbien schaffte in der UEFA Nations League den Aufstieg aus Liga C in Liga B. Im Interview mit FIFA.com sprach Krstajic über seine Verbindungen zum deutschen Fussball, die Fortschritte der Nationalmannschaft, die nächsten Ziele auf dem Weg zur UEFA EURO 2020 und die bemerkenswerte Formstärke von Dusan Tadic bei Ajax Amsterdam.

Herr Krstajic, Serbien hat in der UEFA Nations League beeindruckende Leistungen gezeigt, ist dann mit einem 1:1-Unentschieden gegen Portugal in die Qualifikation für die UEFA EURO gestartet und hat kurz darauf in einem Freundschaftsspiel gegen Deutschland das gleiche Ergebnis geholt. **Was hat sich in letzter Zeit im serbischen Fussball verändert? Wir haben in der UEFA Nations League einige selbstgesteckte Ziele erreicht. Wir haben einer ganzen Reihe junger Spieler eine Chance gegeben und uns ein Bild davon gemacht, auf wen wir in Zukunft zählen können. Wir haben den ersten Platz in unserer Gruppe geholt und sind in die nächsthöhere Gruppe aufgestiegen. Zudem bedeutet dies eine zusätzliche Chance, uns über die Playoffs für die Europameisterschaft zu qualifizieren, falls uns dies nicht bereits in der eigentlichen Qualifikation gelingen sollte. Das Spiel gegen Deutschland war aus unserer Sicht nur auf dem Papier ein Freundschaftsspiel. Wir waren in der Vorbereitung überaus motiviert und können mit dem Ergebnis letztlich sehr zufrieden sein.

Besonders zufrieden sind wir auch mit dem Punkt, den wir in Portugal geholt haben. Das Team zeigte in beiden Spielen Geschlossenheit, Charakter, Kampfgeist und einen deutlichen Siegeswillen. Serbien kann stolz auf solche Spieler sein. Doch natürlich bleibt noch viel zu tun. Es folgen noch sieben weitere Spiele, wir sprechen hier also über 21 Punkte. Sie haben selbst die Resultate gesehen. Es wird sicher in keinem Spiel leicht, sich die Punkte zu sichern. Aber ich glaube fest an unser Team und bin sicher, dass wir über genügend Klasse verfügen, die Qualifikation auf einem der ersten beiden Gruppenplätze zu beenden.

Sie sind seit 2007 Nationaltrainer. Was haben Sie verändert? Mir ist bewusst, dass ich noch ein junger Trainer bin und dass ich mit zunehmendem Alter viel an Erfahrung gewinnen werde. Die Quintessenz meiner Trainerphilosophie ist offensiver Fussball, Angriffsfussball, bei dem wir auf Tore spielen. Wann immer das möglich ist, werde ich diese Spielweise einfordern. Aber natürlich ist das nicht immer möglich. Man muss zahlreiche Faktoren berücksichtigen: die Stärken des gegnerischen Teams, die Spieler, die der Gegner zur Verfügung hat und so weiter.

Das Spiel in Deutschland war für Sie bestimmt ein ganz besonderer Moment. Schließlich haben Sie einen Großteil ihrer Spielerkarriere in der Bundesliga bei Werder Bremen und Schalke 04 verbracht. Ja, das war wirklich ein sehr einzigartiger Moment. Ich habe in Deutschland enorm viel gelernt, viel Erfahrung und Wissen erworben und eine großartige Profikarriere erlebt. Die Reise nach Wolfsburg war für mich eine ziemlich emotionale Sache. Ich habe sehr viele Leute aus der Fussballszene getroffen, die ich sehr lange nicht gesehen hatte. Wir haben tolle Gespräche geführt. Das war ein wirklich großartiges Gefühl.

Deutschland befindet sich derzeit in einer Übergangsphase. Was halten Sie von der neuen deutschen Spielergeneration? Deutschland ist im Fussball eine Supermacht. Die Deutschen haben bestimmt 50 Spieler, auf die sie zählen können, alle sehr hochklassig. Man muss sich ja nur ihren Auftakt in der EM-Qualifikation ansehen. Sie haben die Niederlande im Auswärtsspiel geschlagen. Deutschland hat eine Spielergeneration, die große Erfolge erreichen kann.

Serbien konnte sich für die letzten drei Europameisterschaften nicht qualifizieren. Wie wichtig ist es, 2020 wieder dabei zu sein? Wir haben eine sehr talentierte junge Spielergeneration. Gleichzeitig sind auch noch sehr erfahrene Spieler dabei. Mit dieser Mischung können wir viel erreichen. Wir waren fast 20 Jahre lang nicht bei der EURO dabei. Es lässt sich kaum beschreiben, wie viel uns die Qualifikation bedeuten würde. Wir hätten nach sehr langer Zeit wieder etwas Beständigkeit und zwei große Turniere in Folge. Die positiven Auswirkungen auf die serbische Nationalmannschaft und auf den Fussball und den Sport im Land wären vielfältig.

Unter ihren talentierten jungen Spielern sind zahlreiche U-20-Weltmeister von 2015. Denken Sie, dass da eine Goldene Generation nachrückt? Es sind Jungs mit großartigen Stärken und außergewöhnlichen menschlichen und professionellen Werten. Sie tragen das Gen der Sieger in sich. Sie arbeiten ebenso hart wie hartnäckig und streben stets nach dem größten Erfolg. Ihr Potenzial ist riesig. Ich bin ganz sicher, dass sie vor einer großen Zukunft stehen.

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Zum Abschluss noch ein paar Worte zu Dusan Tadic, der bei Ajax Amsterdam eine fantastische Saison spielt. Sind Sie überrascht, wie stark er sich entwickelt? Dusan ist schon sehr gereift, er verfügt über Erfahrung und Führungsqualitäten. Seine Leistungen sind herausragend und absolut hochklassig. Der Wechsel des Klubs hat ihm offensichtlich sehr gut getan. Ajax gehört zu den besten europäischen Klubs und Dusan Tadic gehört zu den besten europäischen Spielern. Das beweist er Spiel um Spiel auf Neue. Daher bin ich auch gar nicht überrascht. Alles, was Tadic widerfährt, hat er sich selbst verdient.