In der langen Geschichte des Fussballs zeigten Torhüter immer wieder herausragende, manchmal geradezu unglaubliche Rettungstaten. Eine davon ist absolut einmalig und untrennbar mit dem Namen des kolumbianischen Schlussmanns verbunden, der sie heute vor genau 25 Jahren im Wembley-Stadion vor einem ungläubigen Publikum zeigte.

Auch ohne die historischen Fernsehbilder gäbe es sicher keinen Fussballfan auf der Welt, der sich nicht lebhaft daran erinnert, wie René Higuita bei einem harmlosen Ball auf sein Tor zu einem Hechtsprung nach vorn ansetzte und die Kugel mit beiden Hacken hinter seinem Kopf zurück ins Feld beförderte.

Der "Skorpion-Kick" ist mindestens ebenso bekannt und untrennbar mit Higuita verknüpft wie die berühmte Drehung von Johan Cruyff. Dabei war die unvergessliche Parade sogar noch kühner – und kam noch überraschender – als der ansatzlose Richtungswechsel der niederländischen Legende.

Die Aktion machte das an Höhepunkten arme, torlose Unentschieden zwischen England und Kolumbien im Wembley-Stadion unvergesslich. Terry Venables, der damalige Trainer der Three Lions, war nur einer von vielen, die zu Protokoll gaben, "nie zuvor etwas Vergleichbares gesehen zu haben".

Und das war auch verständlich, wie El Loco (der Verrückte) selbst gern bekräftigte: "Das ist eben etwas, das nur ein einziger Mensch auf der Welt kann", so Higuita nach der Partie.

Später erklärte der schillernde kolumbianische Torhüter, wo die Wurzeln dieser Aktion lagen, die ihm seinen Platz in der Fussballgeschichte sicherte. "Kinder waren schon immer meine Inspiration. Ich sah ihnen oft beim Spielen auf den Straßen oder im Park zu. Manchmal übten sie auch Fallrückzieher, und ich sagte einmal, es wäre doch toll, so etwas mal andersrum zu machen. An diesem Tag in England bekam ich dann endlich den Ball, auf den ich fünf Jahre lang gewartet hatte!

"Mit dieser Aktion habe ich Kolumbien und mir selbst einen Platz auf der Fussball-Landkarte verschafft. Man erinnert sich immer wegen herausragender Taten oder Aktionen an Menschen, und genau so eine Aktion war das."

Allerdings sollte man die spektakuläre Karriere Higuitas keinesfalls auf diesen "Skorpion-Kick" reduzieren, so einzigartig er auch war. Denn Higuita war ein wahrer Pionier auf der Torhüterposition. Er war talentiert und couragiert genug, um sich auf Dribblings einzulassen und den Spielaufbau von hinten heraus einzuleiten, und das in einer Zeit, als gerade die Rückpassregel eingeführt worden war und die meisten Torhüter keinerlei Risiko eingehen wollten.

"Für mich war der Ball wie ein Spielzeug, dieses Weihnachtsgeschenk, das du im Dezember bekommst und nicht mehr hergeben willst", sagte er 2018 gegenüber FIFA.com. "Und wenn er weg ist, musst du um ihn kämpfen! Ich wollte nicht um den Ball kämpfen, ich wollte ihn haben. Und ich wollte, dass mein Team in Ballbesitz ist. So habe ich den Fussball interpretiert, und die Normen haben sich entsprechend geändert."

"Ich weiß noch, dass ich als Junge ins Stadion ging und gute Torhüter sah, die den Ball ins Seitenaus schossen, wenn sie ihn vor dem Stürmer erwischten. Hervorragende Torhüter zwischen den Pfosten, und ich dachte mir schon damals: 'Können die denn nicht auch ihre Füße gebrauchen?' Wenn der Ball nicht ins Aus geht, bleibt er im Spiel und solange er im Spiel ist, hat die eigene Mannschaft die Chance, ein Tor zu erzielen. Warum sollten wir ihn also dem Gegner geben?'"

Diese Logik, die zu Higuita Glanzzeiten noch belächelt wurde, ist mittlerweile fest im Fussball etabliert. Der kolumbianische Pionier hat mit seiner Spielweise den Weg geebnet für die modernen Torhüter von heute, die aktiv ins Spiel eingreifen. Doch es fällt schwer, sich einen der heutigen Schlussmänner bei einer derart verrückten Aktion vorzustellen, wie sie El Loco damals im Wembley-Stadion zeigte.