Sonntag 15 August 2021, 05:00

Amerikanische Topstars lassen die Ghanaerin Cudjoe aufblühen

  • Jennifer Cudjoe macht sich beim NWSL-Klub FC Gotham einen Namen

  • Die Starspielerin aus Ghana wuchs als Fan von Alex Morgan auf und spielt nun an der Seite von Carli Lloyd

  • Sie spricht über inspirierende Lektionen und den Versuch der Black Queens, an glorreiche Zeiten anzuknüpfen

Eigentlich kam Jennifer Cudjoe für das Studium nach Amerika, doch sie bekam in jeder Hinsicht weit mehr, als sie erwartet hatte.

"Es war nicht nur die Schule und der Fussball", sagte die talentierte Ghanaerin gegenüber FIFA.com. "Es waren Lektionen fürs Leben. Wenn man sich die US-Spielerinnen anschaut, dann sind sie nicht nur wegen ihres Talents die Besten, sondern auch wegen ihrer Mentalität und ihrem Einsatzeifer, der absoluter Wahnsinn ist. Sehr viel hängt von der Einstellung ab, davon, wie viel man tatsächlich bereit ist, zu investieren."

Dass Cudjoe diese unschätzbare Lektion schnell gelernt hat, liegt wohl in erster Linie daran, dass sie ein perfektes Vorbild hat. Denn ihre Teamkameradin Carli Lloyd ist die Verkörperung der leidenschaftlichen, konzentrierten Hingabe und des Elans, der die USA als herausragende Kraft im Frauenfussball etabliert hat.

Die 39-Jährige, die gerade erst bei den Olympischen Spielen Tokio 2020 mehrere neue Rekorde aufgestellt hat, schrieb darüber, "den Körper daran zu gewöhnen, jeden Tag Höchstleistungen zu bringen" und sich tagtäglich zu "quälen, um Schwächen in Stärken umzumünzen". Die Ergebnisse und Erfolge, die sich aus dieser Einstellung ergeben, sprechen für sich und sorgen für begeisterte Zuhörer, wenn Lloyd ihre Weisheiten weitergibt.

Angela Salem #36 of Portland Thorns FC dribbles as Carli Lloyd #10 and Jennifer Cudjoe #6 of NJ/NY Gotham FC defend during the first half at Red Bull Arena on May 30, 2021 in Harrison, New Jersey. (Photo by Sarah Stier/Getty Images)

"Das Training mit Carli ist unglaublich", sagt Cudjoe. "Schon bei der ersten Trainingseinheit mit ihr war ich nervös und aufgeregt. Man denkt stets: 'Ich muss 100 Prozent geben, weil es Carli Lloyd ist und schließlich gibt auch sie nie weniger'.

"Sie hat eine unglaubliche Karriere hinter sich, sie gehört zu den Besten der Welt, aber es ist nie genug für sie, und deshalb macht sie immer weiter, auf höchstem Niveau.

Sie sagt immer zu mir: 'Du musst wissen, dass es kein Morgen gibt. Es geht nur um das Hier und Heute und darum, hier und heute alles zu geben, was du hast.' Und ich versuche, genau das zu verinnerlichen: das Beste aus dem Heute zu machen und nie etwas zurückzuhalten."

Lloyd mag das perfekte Vorbild für Cudjoe sein, doch sie ist nicht das erste. Schon ihre ältere Schwester Elizabeth spielte bei FIFA-Nachwuchsturnieren für Ghana und zog später in die USA, um ihre Fussballträume zu verwirklichen. Jennifer Cudjoe ließ sich von einer Ikone des Männerfussballs inspirieren und bewunderte gleichzeitig eine von Lloyds US-Teamkameradinnen.

"Alex Morgan war für mich eine große Heldin", so die Mittelfeldspielerin der Black Queens. "Ihre Mentalität, für das zu kämpfen, was man will, auch wenn die Leute nicht immer an dein Können und deine Fähigkeiten glauben, war für mich von großer Bedeutung. Sie hat durchgehalten und immer weitergemacht und es bis an die Spitze geschafft, und das möchte ich auch tun.

Mein allererstes Vorbild im Fussball war der Brasilianer Kakà. Meine Freunde gaben mir wegen meiner Spielweise sogar den Spitznamen Kakà und ich versuchte immer mehr, wie er zu sein. Aber auch im Frauenfussball wollte ich jemanden finden, zu dem ich aufschauen konnte. Ich erinnere mich, wie ich Alex Morgan in jungen Jahren bei einem Spiel im Schnee gesehen habe. Sie war einfach überall, sie stürzte sich in Zweikämpfe, sie zeigte unglaublich viel Einsatz.

Ich fand es erstaunlich, eine Stürmerin auf diese Weise spielen zu sehen. Dann habe ich gesehen, wie sie auf die Zweifel der Trainer an ihrem Können reagiert hat, und ich habe sie noch mehr bewundert."

Cudjoe möchte nun selbst ein leuchtendes Beispiel geben, und sie geht dabei den richtigen Weg. Schließlich ist die Geschichte ihres Aufstiegs durch College- und Amateurmannschaften bis in die National Women's Soccer League (NWSL) kein Märchen, sondern ein Beweis für Geduld und Beharrlichkeit.

Ihren Platz beim FC Gotham (damals noch FC Sky Blue), verdiente sie sich über ein offenes Probetraining, und nachdem sie sich diesen Traum erfüllt hat, strebt sie nun dem nächsten entgegen.

"Ich will mit diesem Team die Meisterschaft gewinnen und eine der besten Mittelfeldspielerinnen der Welt werden. Das ist mein Ziel", sagt sie voller Überzeugung. "Aber ich möchte auch ein Vorbild für die Kinder sein und ihnen zeigen, was möglich ist, wenn man hart arbeitet."

Cudjoe, die schon als Jugendliche auf der Weltbühne glänzte, möchte auch der A-Nationalmannschaft Ghanas zu einer Rückkehr zu den großen internationalen Turnieren verhelfen.

Dass Ghana bei den letzten drei FIFA Frauen-Weltmeisterschaften nicht dabei war, ist sehr bedauerlich. Da Kamerun, Äquatorial-Guinea, Südafrika und Sambia in den letzten Jahren an Ghana vorbeizogen, haben die Black Queens einiges aufzuholen.

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"Das war eine harte Zeit", räumt Cudjoe ein. "Jahrelang war Ghana bei den großen Turnieren immer dabei. Es fällt schwer, sie ohne uns stattfinden zu sehen.

Ich denke, dass wir irgendwann eine Lösung finden werden und uns wieder qualifizieren können. Doch es kommt darauf an, wie viel Arbeit der Verband und alle Beteiligten investieren wollen, um uns wieder dorthin zu bringen. Und obwohl mich einige Veränderungen in den letzten drei Jahren ermutigt haben, gibt es immer noch Verbesserungsbedarf."

Die Rückkehr auf die große internationale Bühne wird allerdings nicht leicht, denn die Black Queens landeten bei der Auslosung der WM-Qualifikation ausgerechnet in einer Gruppe mit dem Erzrivalen Nigeria. "Ich war überrascht, dass das überhaupt möglich war", so Cudjoe. "Man sollte nicht erwarten, dass zwei der besten Länder Afrikas - und Ghana ist immer noch eines davon, egal was in letzter Zeit passiert ist - in dieser Phase der Qualifikation zusammengelost werden."

Da Nigeria der hohe Favorit ist, wird die Einstellung Ghanas entscheidend sein. Glücklicherweise haben die Black Queens eine Spielerin in ihren Reihen, die bereits weiß, was alles passieren kann, wenn man ein lohnenswertes Ziel mit verbissener Entschlossenheit verfolgt.

Jennifer Cudjoe in action for Gotham FC.