Freitag 13 August 2021, 14:00

Dr. Braun: "Den Weg für Frauen in Botsuana ebnen"

  • Seit rund zwei Jahren lebt Dr. Carolin Braun in Botsuana

  • Ihre Aufgaben: Fussballentwicklung unterstützen, Trainer/innen ausbilden, Talente identifizieren

  • "Ich möchte Stereotypen aufbrechen"

Botsuana. In diesem schönen Land im südlichen Afrika, das nicht nur für das Okavango-Delta bekannt ist, sondern auch für seine beeindruckenden Landschaften, lebt Dr. Caroline Braun seit rund zwei Jahren. Wie es dazu kam, erzählt sie im Interview mit FIFA.com. "Das Auswärtige Amt entsendet gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund seit ca. 60 Jahren über die Kultur- und Sportförderung Sportexperten in verschiedene Länder der Welt – wie zum Beispiel Botsuana“, erklärt Dr. Braun.

"Botsuana hatte über das Nationale Olympische Komitee einen Antrag gestellt, und so kam dann das eine zum anderen. Inzwischen bin ich seit 2,5 Jahren hier als Projektleiterin des deutsch-botsuanischen Fussball-Langzeitprojekts. Projektpartner sind das Auswärtige Amt, der Deutsche Olympische Sportbund, der Deutsche Fussball-Bund, der Botsuanische Fussballverband und das Botsuanische Ministerium für Jugendförderung, Sport und Kulturentwicklung." Eines ihrer Hauptschwerpunkte ist die Trainerausbildung, aber auch das Identifizieren von Talenten. Darüber hinaus ist sie als Technische Direktorin beim BFA für die gesamte sportliche Entwicklung zuständig und Assistenztrainerin der Herren-Nationalmannschaft.

"Eine weibliche Assistenztrainerin bei einer Herren-Nationalmannschaft ist natürlich etwas Besonderes. Meiner Meinung nach ist Diversity im Trainerteam unglaublich wichtig und gewinnbringend für alle. Gleichzeitig möchte ich auch Stereotypen, die besonders noch im Fussball existieren, aufbrechen. Den Weg ebnen für Frauen im Fussball in Botsuana und weltweit. Solange, bis wir dieses Thema nicht mehr explizit ansprechen müssen."

Damit ihr dieses gelingt, stehen auch die Frauen in ihrem Fokus. Eine ihrer ersten Handlungen war es, bei den Frauen-Auswahlmannschaften dabei zu sein, um den Trainerinnen beratend zur Seite zu stehen. "Wir haben mit der Frauen-Nationalmannschaft Geschichte geschrieben, sind in die dritte Runde der Qualifikation für Olympia gekommen. Dort haben wir gegen Sambia verloren, die gerade in Tokio dabei waren. Wir haben Südafrika in der Qualifikation geschlagen, das war historisch. Auch sind wir Zweiter beim COSAFA Cup geworden", fasst Dr. Braun die jüngsten Erfolge zusammen.

"Ich war bei den Trainingcamps und den Spielen als Technische Beraterin dabei und habe auf und neben dem Platz unterstützt. Nach all dem Erfolg diskutiert man dann trotzdem darüber, die Trainerin gegen einen Mann auszutauschen. Nach dem Motto, jetzt ist man ja erfolgreich und braucht jemanden, der gut ist… Solche Ansätze muss man aus den Köpfen rausbringen. In solchen Situationen bin ich am pushen und aufklären. Gleichzeitig möchte ich die engagierten Frauen ausbilden, weiterbilden, ihre Lizenzen verbessern. Damit sie auf dem Papier dann auch zeigen können: Ich habe eine A- oder B-Lizenz, ich bin qualifiziert.“

Dabei hilft natürlich auch der Umstand, dass Dr. Braun der erste weibliche Technische Direktor ist und erst kürzlich mit Goabaone G. Taylor eine Frau zum CEO des Verbandes ernannt wurde. "Das ist natürlich etwas sehr Besonderes und unterstützt Mädchen und Frauen, die damit sehen, dass auch sie im Fussball etwas erreichen können."

Über die Zusammenarbeit innerhalb des Verbandes weiß die 35-Jährige, die gemeinsam mit Monika Staab an einem Projekt in Gambia arbeitete, nur Gutes zu berichten, auch wenn sich in Botsuana anfänglich nicht jeder darüber gefreut hat. "Alle meine Kollegen im Verband sind in Botsuana geboren und aufgewachsen. Dann kommt plötzlich jemand aus einem anderen Kulturkreis und mit anderen Ideen hinzu und dies nicht nur für einen Workshop, sondern für einige Jahre. Dieser Jemand ist dann auch noch eine Frau und jünger… “, erzählt sie lachend.

"Das sind natürlich Dinge, die am Anfang auch etwas schwierig sein können. Es ist wie in jedem anderen Umfeld auch. Man braucht eine gewisse interkulturelle Kompetenz, gegenseitigen Respekt und Offenheit. Die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Ich bin gleich gut aufgenommen worden und kann meine Expertise in vielen verschiedenen Bereichen einbringen. Mein Ansatz ist es, den Verband gewinnbringend mit so vielen internationalen Partnern wie möglich zusammenzubringen und Schritt für Schritt Dinge zu implementieren, die davor nicht existierten. Vor ein paar Wochen hatten wir beispielsweise gemeinsam mit Namibia den ersten digitalen Internationalen Instruktorenkurs des DFB. Solche Kooperationen und Maßnahmen sind natürlich hervorragend." Darüber hinaus ist sie seit kurzem als "Technische Expertin im Leadership Programm* der FIFA als Mentorin dabei. Das ist eine tolle Sache und macht mir unglaublich viel Spaß."

Der Weg geht definitiv schon einmal in die richtige Richtung. Im Verband wurde die Notwendigkeit der Trainerausbildung erkannt und mehr Geld in diese investiert. "Wir haben den Jugend- und Senioren- Nationalmannschaften viel mehr Training-Camps ermöglicht und wir implementieren deutlich mehr. Bei meiner Ankunft habe ich eine Situationsanalyse gemacht. Ich habe verschiedene Pläne gefunden, verschiedene Strategien und viele Ideen. Vieles davon wurde aber leider nicht umgesetzt, weil das Budget oder die Manpower gefehlt haben", erläutert Braun, die einen Doktor in Sportwissenschaft hat und die UEFA-A-Lizenz besitzt.

Man trifft sich einfach im Fussball, da es noch wenig Frauen in Deutschland gibt, die diesen Weg gehen. Ein anderes Beispiel ist Inka Grings. Mit ihr hatte ich vor ein paar Jahren zusammen die A-Lizenz gemacht.

"Einen Coaching-Kurs zu organisieren, gerade in COVID-Zeiten, ist sehr schwierig. Die Regularien ändern sich ständig, durchgängig ist Flexibilität gefragt. Gerade mussten wir zwei Kurse verschieben, weil unsere Zahlen durch die Decke gehen. Ständig ist irgendjemand in Isolation. Das kann man sich nicht vorstellen, das ist eine 24-Stunden-Aufgabe und manchmal etwas chaotisch. Ich versuche trotz der derzeitigen Situation weiterhin so viel wie möglich anzustoßen und umzusetzen. Ich bin natürlich schon jetzt gespannt, wie es nach dem Projekt in zwei, drei Jahren sein wird und wie sich Dinge hier weiterentwickeln." Was danach für sie kommt, das steht noch in den Sternen - noch läuft das Projekt in Botsuana. Aber wenn man eines vom Fussball weiß, dann ist es, dass man nie sagen kann, was als Nächstes passiert.

*Das Kursprogramm des Technical Leadership Departments der FIFA bietet Schulungen für Technische Direktoren (TD) an. Darüber hinaus wurde ein Mentorenprogramm eingeführt. Dr. Braun ist eine von rund 40 Experten/innen, die sowohl die verschiedenen Workshop-Module leiten als auch in Einzelgesprächen mit den TDs aus aller Welt zusammenarbeiten.